The road goes ever on and on

 

The road goes ever on and on

Down from the door where it began.

Now far ahead the Road has gone,

And I must follow, if I can,

Pursuing with eager feet,

Until it joins some larger way

Where many paths and errands meet.

And wither then? I cannot say. 

J.R.R. Tolkien


Vor drei Wochen haben wir uns von unseren Freunden in Köln verabschiedet, haben uns auf den Weg gemacht, der uns wegführt – weg von unseren Haustüren, weg von der Stadt, die wir kennen, weg aus dem Land, in dem wir leben. Wohin uns dieser Weg führen mag? Na ins Leben hinein! Trotzdem fühlt er sich noch ungewohnt an und dass, obwohl ihn schon so viele vor uns gegangen sein mögen. Für uns ist er neu, aufregend, vielleicht manchmal auch ein wenig unheimlich. Auf unbestimmte Zeit unterwegs – wo werden wir nächsten Monat sein? Wo im November? Was erwartet uns im Frühjahr und welche Erkenntnisse werden uns in dieser Zeit in unseren Grundfesten erschüttern? Wer werden wir werden? Wer wollen wir sein? 

Doch zunächst lassen wir es uns gut gehen, genießen die klare Luft der Allgäuer Alpen, die grünen Wiesen, steilen Bergpfade, die uns an Kühen (und Menschen) vorbei führen, hinauf auf den Gipfel. Oben angekommen genießen wir mal den Ausblick, mal die frische Molke der Almkühe – welch Bergromantik! Abends sitzen wir in den Hintersteiner Stuben und schauen auf die Berge, von deren Spitzen golden die letzten Sonnenstrahlen tropfen. Oder wir versuchen einen letzten Blick auf den Alpsee zu erhaschen, bevor sich Dunkelheit und Nebel absenken und den Blick ins Tal verborgen halten.

An einem solchen Nebelmorgen brechen wir erneut auf – die Tage werden kürzer und es zieht uns Richtung Süden. Und nun sind wir hier, seit mehr als einer Woche, unter den Kastanienbäumen der Ardèche. War es in der ersten Woche noch richtig heiß, meldet sich in dieser Woche der Herbst. Es regnet ohne Unterlass, laut schlagen die Regenfäden aufs Dach, kracht der Donner auf uns zu, sodass sich die Härchen an meinen Armen aufstellen. Der Herbst sorgt dafür, dass die stacheligen Maronenkugeln uns in den Weg zu kullern oder auf unseren Köpfen landen; auf keinen Fall geben sie jedoch ihre Schätze frei, nur gegen einen hohen Preis. 

Auch hier gibt es Hügel und Berge – direkt vor unserer Nase, wenn wir aus unserer kleinen Holzhütte hinausschauen. In den ersten Tagen konnte ich mich gar nicht satt sehen an diesen Hügeln. Je nach Lichteinstrahlung entdeckte ich die abenteuerlichsten Gestalten und Geschichten: Einen Bergtroll, dessen Gesicht den ganzen Hügel einnahm und recht lustig zu uns hinüberschaute. Seite an Seite einen Löwen und einen Schakal einander zugewandt und doch geradeaus blickend. Einen Elefanten, eine nackte Frau. Seitdem es regnet und dicke Nebelschwaden die Hügel durchziehen, kriecht hin und wieder der Lichtkegel eines Autos den Berg entlang. Wer mag wohl im Auto sitzen und wohin geht die Reise?

Immer wieder treibt es mich hinaus in die Berge zum Spazieren, zum Wandern und zum Entdecken. Was versteckt sich unter all diesen Maronenbäumen?  Wohin führt dieser Weg und dieser? Wie ist die Aussicht von dem Berg, der gegenüber von unserem Haus liegt und den wir jeden Tag betrachten? Wir laufen durch Wälder, Berge hinauf und hinab. Mein Lieblingsort ist jedoch ein natürliches Schwimmbecken unterhalb einer großen Steinbrücke, die den Auzène überquert:  das Wasser fließt über große Steine, bald über Felsen und stürzt sich schließlich einige Meter tief hinab in ein Becken. Als wir das erste Mal die Böschung an der Brücke hinablaufen scheint die Sonne sommerlich vom Himmel und wärmt die Steine. Wir ziehen uns aus und springen ins Wasser, wir fühlen uns sorgenfrei wie Kinder. Immer wieder lassen wir uns vom Wasser auffangen und von der Sonne trocknen. Wie einfach das Leben doch ist und wie schön!


Ich beginne, jeden Tag zu zeichnen, zu malen, zu schreiben. Zu träumen von einem anderen Leben, von der Weite, der Ferne und der Nähe. Manchmal wird aus dem Fernweh aber auch Heimweh oder ein bisschen Einsamkeit. Besonders in dieser Woche und mit wachsender zeitlicher Distanz: Tobi hat wieder angefangen zu arbeiten, sein Urlaub ist vorbei. Und meiner somit eigentlich auch. Doch wo beginnt und endet Urlaub in einem Sabbatjahr? Und mit wem spreche ich über meine Gedanken? Schließlich fühlt es sich so an, als seien alle so weit weg – nicht nur räumlich, viel mehr im Tun und Sein. Das Leben geht weiter wie bisher, alle müssen arbeiten und gehen den Beschäftigungen des Alltags nach. Wen kann ich anrufen, vormittags um halb elf, einfach so? Doch auch dieses Gefühl geht vorbei und weicht der Gewissheit, dass sich alles finden wird, vor allem ich mich, in diesem neuen Dasein, in diesem neuen Leben. 

Nächste Woche dann ganz eindeutig ein neuer Abschnitt, vorbei ist die Zeit des Faulenzens!  Ich beginne eine dreiwöchige Ausbildung zur Yoga-Lehrerin! Wer werde ich sein, nach diesen drei Wochen? Ich bin so neugierig darauf, voller Vorfreude und Aufregung, ein bisschen Angst habe ich auch. Doch es fühlt sich gut an, es ist der richtige Weg für jetzt. Und danach? I cannot say.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Felix (Donnerstag, 24 September 2020 15:30)

    Liebe Anna,
    schön zu lesen, dass es Euch gut geht, macht mal weiter mit der Entschleunigung und viel Spaß bei der Yoga-Ausbildung... namaste�‍♂️�‍♀️